BGH entscheidet über zwei Widerrufsklauseln
Seit seiner ersten Grundsatzentscheidung im Jahr 2009 – XI ZR 33/08 – hat der Bundesgerichtshof (BGH) wiederholt über die Wirksamkeit von Widerrufsbelehrungen in Verbraucherdarlehensverträgen entschieden. In zwei Entscheidungen vom 21. Februar 2017 urteilte der BGH unter anderem zu der verbreiteten Widerrufsformulierung „der schriftliche Vertragsantrag“ sowie zur richtigen Antragstellung und zur Verwirkung.
Im ersten Fall (BGH, Versäumnisurteil vom 21. Februar 2017 – XI ZR 467/15) hatten die Parteien im Jahr 2007 zwei Darlehensverträge über 70.000 und 10.000 Euro im Rahmen des Fernabsatzes abgeschlossen. Das beklagte Kreditinstitut belehrte die Kreditnehmer im folgenden Wortlaut über ihr Widerrufsrecht:
“Sie können Ihre Vertragserklärung innerhalb von zwei Wochen ohne Angabe von Gründen in Textform (z.B. per Brief, Telefax oder E-Mail) widerrufen. Die Frist beginnt einen Tag[,] nachdem Ihnen
- ein Exemplar dieser Widerrufsbelehrung,
- eine Vertragsurkunde, Ihr schriftlicher Darlehensantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder Ihres Darlehensantrages, jeweils einschließlich der Allgemeinen Darlehensbedingungen,
- die Informationen, zu denen die […] [Beklagte] nach den Vorschriften über Fernabsatzverträge (§ 312c Abs. 2 Nr. 1 BGB i.V.m. § 1 BGB InfoV) verpflichtet ist,
zur Verfügung gestellt wurden, nicht jedoch vor dem Tag des Abschlusses des Darlehensvertrages. Zur Wahrung der Widerrufsfrist genügt die rechtzeitige Absendung des Widerrufs”.
Der BGH hatte darüber zu urteilen, ob in Widerrufsfällen eine Feststellungsklage zulässig ist. Das OLG München hatte als Vorinstanz festgestellt, dass aufgrund des Widerrufs die Darlehensverträge in Rückgewährschuldverhältnisse “umgewandelt” worden seien. Dagegen hatte die Beklagte Revision eingelegt.
In seinem Urteil stellte der BGH fest, dass die Bank ihre Kreditnehmer über das Widerrufsrecht richtig belehrt habe und der Wortlaut der Belehrung einer Überprüfung durch den BGH standhalte. Dennoch wurde der Fall an das zuständige OLG zurückverwiesen, da der Klägerin Gelegenheit gegeben werden müsse, von der Feststellungs- zur Leistungsklage überzugehen. Darüber hinaus habe das OLG keine tragfähige Feststellung dazu gemacht, ob die nach dem Gesetz erforderlichen Informationen zum Fernabsatz auch tatsächlich erteilt worden seien.
Der zweite Fall (BGH, Urteil vom 21. Februar 2017 – XI ZR 381/16) befasste sich mit einem Immobiliendarlehen in Höhe von 106.000 Euro, das 2006 mit einer Zinsbindungsfrist von 10 Jahren abgeschlossen wurde. Die Kreditnehmer sowie ein Mitarbeiter der Bank unterzeichneten gleichzeitig die erstmals vorgelegten Vertragsunterlagen. Die beigefügte Widerrufsbelehrung enthielt unter anderem die folgenden Formulierungen:
„Der Lauf der Frist für den Widerruf beginnt einen Tag[,] nachdem Ihnen
- eine Ausfertigung dieser Widerrufsbelehrung und
- die Vertragsurkunde, der schriftliche Vertragsantrag oder eine Abschrift der Vertragsurkunde oder des Vertragsantrags
zur Verfügung gestellt wurden.“
Im Herbst 2014 verkauften die Eigentümer ihre Immobilie und schlossen mit der Bank eine „Aufhebungsvereinbarung“ und entrichteten 4.569,82 Euro Vorfälligkeitsentschädigung – allerdings unter dem Vorbehalt einer Überprüfung des Darlehensvertrags einschließlich der Widerrufsbelehrung. Kurze Zeit später erfolgte der Widerruf des Vertrags durch die Kreditnehmer.
Amts- und Landgericht Krefeld hatten die Klage auf Erstattung der Vorfälligkeitsentschädigung und der ausgelegten Anwaltskosten abgewiesen.
Bei der Auslegung der vorformulierten Widerrufsbelehrung kam der BGH zu dem Schluss, dass diese unzureichend deutlich formuliert sei. Entgegen der für die Vertragsbeziehungen der Parteien maßgebenden Rechtslage könne sie so verstanden werden kann, die Widerrufsfrist laufe unabhängig von der Abgabe der Vertragserklärung des Verbrauchers an. Dabei sei unerheblich, ob der Inhalt im Präsenztermin bei Vertragsabschluss vom Kreditnehmer richtig verstanden worden sei oder nicht. Es komme auf eine objektive Auslegung und nicht auf die konkrete Situation an.
Darüber hinaus bestätigte der BGH seine bisherige Auffassung, der zufolge eine Aufhebungsvereinbarung im Zusammenhang mit einer erfolgten Darlehensablösung einen anschließenden Widerruf nicht hindert.
Auch dieser Fall wurde wieder an die Vorinstanz zurückverwiesen. Das LG Krefeld muss nun die noch nicht abgehandelte Frage klären, ob der Kläger mit dem Widerruf gegen Treu und Glauben verstoßen hat. Hierbei, so die BGH-Richter, seien die Grundsätze zu beachten, die der BGH in seinen Entscheidungen vom 12. Juli 2016 (Urteile vom 12.7.2016, XI ZR 564/15 und XI ZR 501/15) aufgestellt habe.
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